Bericht von Christoph Schulte, Iserlohner Kreisanzeiger (IKZ):
Elias Marei, Power Forward der Iserlohn Kangaroos, ist auf dem Spielfeld für seine Emotionalität und seinen unbändigen Kampfgeist bekannt und bei den Fans beliebt. Diese Eigenschaften stellte er kürzlich erneut auch auf internationaler Ebene unter Beweis. In der palästinensischen Nationalmannschaft gehört er inzwischen zu den Leistungsträgern.
Herr Marei, warum dürfen Sie international überhaupt für Palästina spielen?
Elias Marei: Mein Vater stammt aus Palästina, hat hier in Münster studiert und dort meine deutsche Mutter kennengelernt. Nach ihrer Heirat und meiner Geburt sind wir zurückgekehrt nach Palästina, wo ich meine Kindheit und Jugend verbracht habe. Nach der Trennung meiner Eltern bin ich mit meiner Mutter zurück nach Deutschland, wo für mich ein völlig neues Leben begann. Ich besitze zwei Staatsangehörigkeiten, die deutsche und die palästinensische, und habe mich irgendwann dann entschieden, international für Palästina aufzulaufen.
Sind Sie während Ihrer Jugendzeit in Palästina bereits mit Basketball in Kontakt gekommen?
Wie professionell wird Basketball in Palästina betrieben?
In Palästina ist wie in Deutschland Fußball die Sportart Nummer eins, doch dann folgt direkt dahinter Basketball, das immer beliebter wird. In quasi jeder Stadt gibt es inzwischen eine Mannschaft und auch beim Nachwuchs werden mittlerweile Strukturen aufgebaut. Es gibt zwei Ligen, deren Mannschaften auf dem Niveau zwischen ProB und Regionalliga spielen. Es gibt aber auch einzelne Spieler, die durchaus in der Bundesliga oder ProA mithalten könnten.
Wie muss man sich die aktuelle Situation in Sachen Basketball in Palästina vorstellen?
Aufgrund des Krieges ruht aktuell der komplette Ligabetrieb. So konnten auch zwei unserer Nationalspieler, die im Gaza-Streifen leben, nicht zu den letzten Qualifikationsspielen anreisen. Wir haben mit ihnen telefoniert und sie haben berichtet, wie schlimm die Lage dort ist mit den ganzen Zerstörungen und der sich immer weiter verschlechternden Versorgung mit Lebensmitteln. Es ist mir schon nicht leicht gefallen, mich mit dem Wissen um die Situation in Palästina, auf Basketball zu fokussieren.
Thema Nationalmannschaft: Aus welchen Spielern setzt die sich zusammen?
Da leistet der palästinensische Basketball-Verband durchaus gute Arbeit. Das Nationalteam umfasst aktuell einige „local heroes“, also Spieler aus Gaza und der Westbank, aber eben auch palästinensische Spieler, die in der ganzen Welt spielen, zusammen. So gehörten jetzt auch Spieler aus Kanada, den USA und eben wie ich aus Deutschland zum Kader.
Wann haben Sie Ihre Premiere im Nationalteam Palästinas gefeiert?
Das war 2021 unter unserem ehemaligen serbischen Nationaltrainer. Inzwischen coacht uns seit zwei Jahren ein Grieche.
Wie sind die Basketball-Verantwortlichen in Palästina überhaupt auf Sie aufmerksam geworden?
Als ich in Palästina gelebt habe, habe ich in einem kleinen Club „Sports for Life“ gespielt, der auch von einer Deutsch-Palästinenserin geleitet wurde. Mit ihr bin ich auch nach meiner Rückkehr nach Deutschland in Kontakt geblieben, und sie hat mich irgendwann den Verantwortlichen des Verbandes empfohlen. Während der Corona-Zeit bin ich 2021 dann nach Palästina zu einem Probetraining eingeladen worden. Scheinbar habe ich den Nationaltrainer dabei überzeugt, denn ich werde jetzt regelmäßig in die Nationalmannschaft berufen und übernehme dort auch immer mehr Verantwortung.
Was waren ihre bisherigen Einsätze in der palästinensischen Nationalmannschaft?
In den vergangenen zwei Jahren habe ich in der Türkei für Palästina die Spielform 3X3 im Rahmen der „Islamic Olympics“ gespielt, außerdem habe ich bereits in Singapur und Algerien für Palästina ebenfalls 3X3-Spiele absolviert. Aktuell war ich jetzt in zwei Qualifikationsspielen für den Asien-Cup 2025 im klassischen „Fünf gegen Fünf“ im Einsatz. Weitere Partien sind für November und Februar vorgesehen.
Wie sind die aktuellen Spiele für Palästina gelaufen?
Leider haben wir sowohl auswärts in Jordanien als auch gegen den Irak knapp verloren. Das wäre eigentlich ein Heimspiel gewesen, doch wegen des Krieges wurde auch diese Partie in Jordanien ausgetragen. Trotz der Niederlagen ist die Qualifikation noch möglich. Wenn wir drei der nächsten vier Spiele gewinnen, sind wir auch weiter.
Wie war die Atmosphäre bei den Spielen?
Die Stimmung war unglaublich. Die Fans waren genauso verrückt wie bei den Kangaroos. Nur die Kapazität der Halle war mit rund 4000 Zuschauern noch deutlich größer.
Was waren für Sie persönlich bei Ihrer aktuellen Länderspielreise besonders beeindruckende Erlebnisse?
Jedes Nationalteam darf ja sogenannte Imports, also kurzerhand eingebürgerte Spieler, einsetzen. Bei Jordanien war das zum Beispiel Rondae Hollis-Jefferson, der NBA-Erfahrung hat. Gegen den musste ich spielen und hatte dabei einige gute Szenen. Gegen den Irak hatte ich das ganze Spiel mit Demario Mayfield zu tun, der in der ersten italienischen Liga spielt. Dabei hatte ich Einsatzzeiten von 28 und 36 Minuten. Das hat mir natürlich eine Menge Selbstvertrauen gegeben.
Was nehmen Sie außer den sportlichen Aspekten noch mit aus diesen Länderspielreisen?
Auch wenn der Basketball sicherlich im Fokus steht, nehme ich viel mehr mit aus den Reisen. Sie bringen mich einfach in andere Länder in der ganzen Welt, wo ich andere Kulturen und Menschen kennenlerne.